Bundesverwaltungsgericht : Aberkennung des EU-Führerscheins trotz Freispruchs im Strafverfahren

das BVerwG hatte sich am 28.06.2012 (Az.: 3 C 30 / 11) mit der Aberkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis auseinander gesetzt, nachdem der EuGH die Fortgeltung seiner bisherigen Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten der 3. Führerscheinrichtlinie bestätigt hatte.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger hatte nach Ablauf einer Sperrzeit in Tschechien die Fahrerlaubnis der Klasse B ohne Wohnsitzverstoß erworben. Wegen einer beantragten Erweiterung dieser Fahrberechtigung in Deutschland forderte die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines MPU-Gutachtens. In dem der Behörde vorgelegten Gutachten wurde eine Alkoholabhängigkeit festgestellt; weder eine Entwöhnung noch eine Abstinenz konnten nachgewiesen werden. Wenige Tage vor der Gutachtenerstellung geriet der Kläger zudem in den Verdacht, unter Alkoholeinfluss eine Unfallflucht begangen zu haben. Obwohl die Blutprobe einen Wert von 1,97 ‰ ergab, wurde er mangels nachweisbarer Verkehrsteilnahme freigesprochen.
Das OVG Koblenz hatte – in Übereinstimmung mit der EuGH-Rechtsprechung – angenommen,das Gutachten sei unverwertbar, weil es sich ausschließlich auf Umstände vor dem Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis beziehe. Weder sei der fehlende Abstinenznachweis ein nachträglich eingetretener Umstand noch könne der Verdacht einer neuen Alkoholfahrt wegen § 3 Abs. 3 StVG berücksichtigt werden.
Dagegen sah das BVerwG in der hohen Alkoholisierung selbst einen nachträglich eingetretenen Umstand, der im Sinn der Rechtsprechung des EuGH auch dann verwertbar ist, wenn er ohne strafrechtliche Folgen blieb. Dem steht auch das Berücksichtigungsverbot des § 3 Abs. 3 StVG nicht entgegen:Dieses dient nur dazu, widersprüchliche Entscheidungen von Fahrerlaubnisbehörde und Strafgericht über einen Sachverhalt zu vermeiden, der einem noch anhängigen Strafverfahren zugrunde liegt. Dieses vorübergehende Verfahrenshindernis für die Fahrerlaubnisbehörde wandelt sich in das Verbot einer widersprüchlichen Entscheidung im Sinne von § 3 Abs. 4 StVG, wenn ein rechtskräftiges Strafurteil ergangen ist. Ein solcher Widerspruch bestand hier aber gerade nicht: Denn das Gericht hat nicht positiv über die Fahreignung des Betroffenen entschieden, sondern die Tatbegehung als nicht erwiesen angesehen und deshalb freigesprochen.

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