Wird ein Gutachter beauftragt, ein Verkehrsgutachten zu einer zu verkaufenden Immobilie zu erstellen, ist er nicht verpflichtet, die Immobilie auf etwaige Baumängel, insbesondere versteckte und nicht sichtbare, zu überprüfen. Außerdem kann der Gutachter seine Haftung gegenüber den Käufer der Immobilie aufgrund des von ihm erteilten Hinweises im schriftlichen Gutachten, dass er das Objekt nicht auf versteckte Mängel untersucht habe und diesbezüglich gegebenenfalls ein Schadensgutachter hinzugezogen werden müsse, wirksam beschränken. Oberlandesgericht Oldenburg Urteil vom 06.08.2014, Az.: 4 U 17/14
Das OLG wies damit eine Klage gegen einen Sachverständigen wegen der Erstellung eines aus Sicht des Klägers unrichtigen Gutachtens ab. Die Kläger erwarben im Jahr 2010 eine Immobilie in der Samtgemeinde Artland, Landkreis Osnabrück, zum Kaufpreis von 138.000 Euro, die sie zuvor bereits als Mieter bewohnt hatten. Der Beklagte erstellte vor dem Verkauf auf Bitten des Verkäufers ein Gutachten zur «Ermittlung eines Verkehrswertes». Dieser belief sich auf 142.000 Euro. In dem Gutachten war unter anderem ausgeführt, dass der Dachstuhl einen leichten Schädlingsbefall aufweise.
Die Kläger ließen nach dem Erwerb den alten Dachstuhl abreißen und neu errichten. Die Kosten hierfür betrugen 47.700 Euro. Sie verlangen davon einen Teilbetrag in Höhe von knapp 24.000 Euro vom beklagten Gutachter als Schadenersatz. Das Landgericht hatte den Beklagten zur Zahlung von 20.000 Euro verurteilt. Der Gutachter habe seine Pflichten als Sachverständiger verletzt, weil er den Schädlingsbefall als leicht eingeordnet habe und in seinem Gutachten keinen Hinweis auf die Notwendigkeit einer weitergehenden Untersuchung durch einen Holzfachmann erteilt habe. Tatsächlich habe ein schwerer Schädlingsbefall vorgelegen, der durch eine Reparatur des Dachstuhls nicht zu beseitigen gewesen wäre.
Das OLG wies hingegen die Klage ab. Zwar teilt es die Ansicht des LG, dass der Sachverständige für begangene Pflichtverstöße hafte und der Schädlingsbefall tatsächlich so schwer war, dass ein Abriss und Neuaufbau des Dachstuhls notwendig wurde. Es bestand aber nach Ansicht der Richter bereits aufgrund des erteilten Auftrages zur Erstellung eines Verkehrswert- und keines Schadensgutachtens keine Pflicht für den Gutachter zur Feststellung etwaiger Baumängel, insbesondere versteckter, nicht sichtbarer Baumängel.
Haftung zudem wirksam beschränkt
Darüber hinaus habe der Gutachter seine Haftung gegenüber den Käufern aufgrund des von ihm erteilten Hinweises im schriftlichen Gutachten, dass er das Objekt nicht auf versteckte Mängel untersucht habe und diesbezüglich gegebenenfalls ein Schadensgutachter hinzugezogen werden müsse, wirksam beschränkt. Eine darüber hinausgehende Pflicht, speziell im Hinblick auf den erkannten leichten Schädlingsbefall im Gutachten darauf hinzuweisen, dass die Notwendigkeit einer weiteren Untersuchung durch einen Holzfachmann bestehe, hat das OLG nicht angenommen.