Arbeitslosengeld bis zur ersten Vorlesung

Im ersten Semester kann es bis zur ersten Vorlesung Arbeitslosengeld geben. Das hat das Sozialgericht Mainz entschieden. Der Grund: entscheidend für die Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt ist der Studienbeginn, nicht der Einschreibe-Termin.

Geklagt hatte eine Studentin, die vor ihrem Studium eine Ausbildung absolviert hatte. Bis Ende August 2010 war sie angestellt. Die erste Vorlesung fand jedoch erst am 27. September statt. Für den Zeitraum dazwischen beantragte sie Arbeitslosengeld. Die Arbeitsagentur lehnte das ab und verwies darauf, dass die junge Frau seit der Immatrikulation am 1. September Studentin sei und so dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe. (mehr …)

Weinsammlung ist bei Scheidung nicht aufzuteilen

Ein Weinvorrat ist dann kein Haushaltsgegenstand, wenn er nicht der gemeinsamen Lebensführung dient, sondern wenn sich dessen Pflege ähnlich wie bei einer Briefmarkensammlung als Hobby eines der beiden Ehepartner darstellt. Bei einer Trennung hat dann der andere Ehepartner keinen Anspruch auf eine Aufteilung der Weine, entschied das Amtsgericht München in einem am 03.09.2012 veröffentlichten Urteil vom 03.12.2010 (Az.: 566 F 881/08) (mehr …)

Bundesgerichtshof zur Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung

Der Bundesgerichtshof hat sich in seinem Urteil vom 15.08.20012 mit der Wirksamkeit einer Widerrufsbelehrung nach dem Muster der BGB-Informationspflichten-Verordnung befasst.

Die Klägerin, eine Leasinggesellschaft, und die Beklagte schlossen im November 2006 für die Dauer von 54 Monaten einen Leasingvertrag über einen Pkw Audi A6 Avant. Nachdem ab Juni 2009 die vereinbarten Leasingraten von monatlich 640 € ausgeblieben waren, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 3. September 2009 den Leasingvertrag fristlos und verwertete das Fahrzeug in der Folgezeit für 10.555 €. Die Beklagte widerrief am 22. Februar 2010 ihre Vertragserklärung. (mehr …)

BGH lehnt Kostenpflicht für Internet-Brancheneintrag bei überraschender Klausel ab

Der Bundesgerichtshof hat am 26.07.2012 eine Entscheidung zu der Frage getroffen, ob eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb nicht Vertragsbestandteil wird (§ 305c Abs. 1 BGB).

Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…“ bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten „X“ hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: „Rücksendung umgehend erbeten“ und (unterstrichen) „zentrales Fax“. Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.

Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift „Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)“. In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: „…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr….“

Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür 773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. (mehr …)

Bundesgerichtshof zum Verschulden des Mieters bei Nichtzahlung der Miete

Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 11.10.2012 (VIII ZR 138/11) mit der Frage befasst, ob dem Mieter auch dann fristlos wegen eines Mietrückstands gekündigt werden kann, wenn er die Miete aufgrund eines Irrtums über die Ursache eines Mangels nicht entrichtet.

Die Beklagten sind Mieter eines Einfamilienhauses der Kläger. Im Dezember 2008 teilten sie den Klägern mit, dass sich im Haus aufgrund baulicher Mängel Schimmel und Kondenswasser bilden würden. Anlässlich eines Ortstermins im Dezember 2008 brachten die Kläger gegenüber den Beklagten zum Ausdruck, dass ihrer Ansicht nach das Heiz- und Lüftungsverhalten der Beklagten dafür verantwortlich sei. Die Beklagten minderten die vertraglich vereinbarte Bruttomiete in Höhe von 1.550 € pro Monat für die Monate März 2009 bis Juni 2010 um jeweils 310 € (20 %). Die Kläger kündigten das Mietverhältnis mit Schriftsatz vom 7. Januar 2010 wegen des bis dahin aufgelaufenen Mietrückstands in Höhe von 3.410 € fristlos.

Mit ihrer Klage haben die Kläger Zahlung des bis Januar 2010 aufgelaufenen Mietrückstands nebst Zinsen sowie die Räumung des Hauses verlangt. Das Amtsgericht hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 27. Mai 2010 einen zur Minderung berechtigenden Mangel verneint und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Die Beklagten glichen daraufhin im Juni 2010 den für die Monate Februar 2010 bis Mai 2010 aufgelaufenen Mietrückstand aus und zahlten ab Juli 2010 unter Vorbehalt wieder die volle Miete. Während des Berufungsverfahrens glichen die Beklagten im Februar 2011 den zu diesem Zeitpunkt noch offenen Mietrückstand vollständig aus.

Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Beklagten – nachdem die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache in Höhe von 3.410 € übereinstimmend für erledigt erklärt hatten – zur Zahlung von Zinsen verurteilt und die Klage hinsichtlich der Räumung abgewiesen. Bei der Begründung hat es darauf abgestellt, dass die Beklagten kein Verschulden an der Nichtzahlung der Miete treffe und sie sämtliche Rückstände im Februar 2011 ausgeglichen hätten.

Die vom Bundesgerichtshof zugelassene Revision der Kläger hatte Erfolg. (mehr …)

Bundesverwaltungsgericht : Aberkennung des EU-Führerscheins trotz Freispruchs im Strafverfahren

das BVerwG hatte sich am 28.06.2012 (Az.: 3 C 30 / 11) mit der Aberkennung einer ausländischen Fahrerlaubnis auseinander gesetzt, nachdem der EuGH die Fortgeltung seiner bisherigen Rechtsprechung auch nach Inkrafttreten der 3. Führerscheinrichtlinie bestätigt hatte.
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Der Kläger hatte nach Ablauf einer Sperrzeit in Tschechien die Fahrerlaubnis der Klasse B ohne Wohnsitzverstoß erworben. Wegen einer beantragten Erweiterung dieser Fahrberechtigung in Deutschland forderte die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines MPU-Gutachtens. In dem der Behörde vorgelegten Gutachten wurde eine Alkoholabhängigkeit festgestellt; weder eine Entwöhnung noch eine Abstinenz konnten nachgewiesen werden. Wenige Tage vor der Gutachtenerstellung geriet der Kläger zudem in den Verdacht, unter Alkoholeinfluss eine Unfallflucht begangen zu haben. Obwohl die Blutprobe einen Wert von 1,97 ‰ ergab, wurde er mangels nachweisbarer Verkehrsteilnahme freigesprochen. (mehr …)

BGH zur Pflichtteilsberechtigung eines Abkömmlings trotz Pflichtteilsverzicht des näheren Abkömmlings

Der u. a. für das Erbrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass Pflichtteilsansprüche eines entfernteren Abkömmlings nicht durch letztwillige oder lebzeitige Zuwendungen des Erblassers geschmälert werden, die dieser einem trotz Erb- und Pflichtteilsverzichts testamentarisch zum Alleinerben bestimmten näheren Abkömmling zukommen lässt, wenn beide Abkömmlinge demselben Stamm gesetzlicher Erben angehören und allein dieser Stamm bedacht wird. (mehr …)

Bundesarbeitsgericht : Kündigung wegen Entwendung von Zigarettenpackungen – Verdeckte Videoüberwachung

Entwendet eine Verkäuferin Zigarettenpackungen aus dem Warenbestand des Arbeitgebers, kann dies auch nach längerer – im Streitfall zehnjähriger – Betriebszugehörigkeit eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Führte eine verdeckte Videoüberwachung zur Überführung der Täterin, kann das auf diese Weise gewonnene Beweismaterial im Bestreitensfall prozessual allerdings nicht ohne Weiteres verwertet werden. Das entsprechende Interesse des Arbeitgebers hat gegenüber dem Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts der Arbeitnehmerin nur dann höheres Gewicht, wenn die Art der Informationsbeschaffung trotz der mit ihr verbundenen Persönlichkeitsbeeinträchtigung als schutzbedürftig zu qualifizieren ist. Dies ist bei verdeckter Videoüberwachung nur dann der Fall, wenn der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer anderen schweren Verfehlung zu Lasten des Arbeitgebers bestand, es keine Möglichkeit zur Aufklärung durch weniger einschneidende Maßnahmen (mehr) gab und die Videoüberwachung insgesamt nicht unverhältnismäßig war. Unter diesen strengen Voraussetzungen wiederum stehen Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) der verdeckten Videoüberwachung auch an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen nicht entgegen. Zwar bestimmt § 6b Abs. 2 BDSG, dass bei Videoaufzeichnungen in öffentlich zugänglichen Räumen der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle erkennbar zu machen sind. Bei einem Verstoß gegen diese Pflicht wird aber nicht jedwede Videoüberwachungsmaßnahme an öffentlich zugänglichen Arbeitsplätzen per se unzulässig. (mehr …)

BFH : Mindestanforderungen für ordnungsgemäßes Fahrtenbuch

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 1. März 2012 VI R 33/10 entschieden, dass ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch insbesondere Datum und Ziel der jeweiligen Fahrten ausweisen muss und dass diesen Anforderungen nicht entsprochen ist, wenn als Fahrtziele jeweils nur Straßennamen angegeben sind, auch wenn diese Angaben anhand nachträglich erstellter Auflistungen präzisiert werden.

Die Klägerin, eine GmbH, hatte ihrem Gesellschaftergeschäftsführer F einen Dienstwagen überlassen. Sie begehrte im Rahmen der von ihr als Arbeitgeberin durchzuführenden Lohnsteueranmeldung, den für die Dienstwagenüberlassung anzusetzenden geldwerten Vorteil nicht mit der 1% Regelung, sondern auf Grundlage der von F geführten Fahrtenbücher zu versteuern. Die Fahrtenbücher wiesen allerdings neben dem jeweiligen Datum zumeist nur Ortsangaben auf (z.B. „F – A-Straße – F“, „F – B-Straße – F“), gelegentlich auch die Namen von Kunden (z.B. „F – XY – F“, „Firma – Z – F“) oder Angaben zum Zweck der Fahrt (z.B. „F – Tanken – F“), außerdem den Kilometerstand nach Beendigung der Fahrt und die jeweils gefahrenen Tageskilometer. Diese Angaben ergänzte die Klägerin nachträglich durch eine Auflistung, die sie auf Grundlage eines von F handschriftlich geführten Tageskalenders erstellt hatte. Diese Auflistung enthielt Datum, Standort und Kilometerstand des Fahrzeugs zu Beginn der Fahrt, sowie den Grund und das Ziel der Fahrt. (mehr …)

Sächsisches Landessozialgericht : Zur Anrechnung von Spesen als Einkommen

Vom Arbeitgeber gezahlte Vergütungen zu Verpflegungsmehraufwendungen, Verpflegungszuschüsse oder Spesen können in Höhe des steuerlich privilegierten Rahmens gemäß § 11 Abs. 3 SGB II a.F. anrechnungsfrei bleiben.

Der 3. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts hat mit Urteil vom 19. Januar 2012 (Az. L 3 AS 820/10), das inzwischen mit den schriftlichen Entscheidungsgründen vorliegt, entschieden, wie vom Arbeitgeber gezahlte Vergütungen zu Verpflegungsmehraufwendungen, Verpflegungszuschüsse oder Spesen bei der Bedarfs- bzw. Einkommensberechnung nach den Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) zu berücksichtigen sind. (mehr …)

Bundesgerichtshof entscheidet zum Ersatz einer vom (Vor-)Mieter in die Wohnung eingebauten Gasetagenheizung durch eine Gaszentralheizung

Der Bundesgerichtshof hat sich kürzlich in einer Entscheidung mit der Frage befasst, auf welchen Zustand der Wohnung für die Beurteilung des Vorliegens einer Wohnwertverbesserung durch eine vom Vermieter beabsichtigte Modernisierungsmaßnahme abgestellt werden muss.

In dem hier entschiedenen Fall begehrt die Vermieterin von den beklagten Mietern gemäß § 554 BGB die Duldung des Anschlusses der Mietwohnung an die im Haus befindliche Gaszentralheizung. Die Wohnung der Beklagten verfügt über eine von der Vormieterin mit Zustimmung des früheren Vermieters und Rechtsvorgängers der Klägerin eingebaute Gasetagenheizung, für welche die Beklagten der Vormieterin eine Ablösesumme gezahlt haben. Zuvor wurde die Wohnung mit Kohleöfen beheizt. Im Mai 2008 kündigte die Klägerin den Beklagten an, deren Wohnung durch eine Modernisierungsmaßnahme gemäß § 554 Abs. 2 BGB zum Zwecke der Energieeinsparung und der Wohnwerterhöhung an die im Haus vorhandene Gaszentralheizung anschließen zu wollen. Die hierdurch entstehenden Kosten bezifferte die Klägerin mit 2.145 €, die von den Beklagten insoweit zu tragende monatliche Umlage mit 19,66 €. Die Beklagten stimmten der Modernisierung nicht zu. (mehr …)

Datenschutz beim Bezug von Arbeitslosengeld II

Der 14. Senat des Bundessozialgerichts hat am 25. Januar 2012 im Verfahren B 14 AS 65/11 R fest­gestellt, dass das beklagte Jobcenter durch sein Schreiben an den Haus- und Grundbesitzerverein E. sowie durch seine Telefongespräche mit diesem und mit dem Ehemann der früheren Vermieterin der Kläger unbefugt Sozialgeheimnisse der Kläger offenbart hat, indem er den Leistungsbezug der Kläger mitgeteilt hat. Nach den auch für das SGB II geltenden datenschutzrechtlichen Vorschriften hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten von den Leistungsträgern nicht unbefugt er­hoben, verarbeitet oder genutzt werden. Der Beklagte kann das Offenbaren der Sozialdaten hier nicht damit rechtfertigen, dass dies erforderlich gewesen sei, um die eigenen Aufgaben zu erfüllen. Er musste in jedem Fall die schutzwürdigen Interessen der Kläger beachten und hätte deshalb vor einer Kontaktaufnahme mit Dritten zunächst das Einverständnis der Kläger einholen müssen.

Ein Versicherter hat keinen Anspruch auf Versorgung mit Cialis gegen seine Krankenkasse

Der Kläger kann wegen der Versorgung mit dem Arzneimittel Cialis zur Behandlung seiner erektilen Dysfunktion von der beklagten Ersatzkasse weder Kostenerstattung für die Vergangenheit noch künf­tige Naturalleistung beanspruchen. Die Behandlung der erektilen Dysfunktion mit Cialis unterfällt nicht dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). § 34 Abs 1 Satz 7 und 8 SGB V schließen Arzneimittel von der GKV-Versorgung aus, bei deren Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ins­besondere Arzneimittel, die ‑ wie Cialis ‑ überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion die­nen, zählen dazu. (mehr …)

Bundesgerichtshof entscheidet zum Kündigungsschutz von Studentenzimmern

Der Bundesgerichtshof hat am 13.06.2012 eine Entscheidung dazu getroffen, wann ein Gebäude als Studentenwohnheim im Sinne des § 549 Abs. 3 BGB zu qualifizieren ist, für das der sozialen Kündigungsschutz des § 573 BGB nicht eingreift.

Der Beklagte mietete im Februar 2004 vom Kläger ein Zimmer in einem als „Studentenwohnheim“ bezeichneten Anwesen. Die Baugenehmigung war 1972 für ein Studentenwohnheim erteilt worden. 63 der darin befindlichen Wohneinheiten waren aus Landessondermitteln zur Förderung von Studentenwohnheimen öffentlich gefördert worden, wobei die Preisbindung inzwischen abgelaufen ist. Das Anwesen verfügt über 67 Wohnräume, von denen mindestens vier nicht an Studenten vermietet sind. Die möblierten Zimmer sind etwa 12 m² groß, wobei Küche, Sanitäranlagen und Waschräume als Gemeinschaftsräume ausgeführt sind. Die gegenwärtige monatliche Teilinklusivmiete des Beklagten beträgt 190 €. Die Mietverträge sind regelmäßig auf ein Jahr befristet und verlängern sich um ein Semester, wenn nicht drei Monate vor Semesterende schriftlich gekündigt wird. Die Verweildauer der Mieter ist sehr unterschiedlich.

Am 27. Dezember 2008 kündigte der Kläger dem Beklagten schriftlich unter Hinweis auf „Hetzereien und Reibereien gegenüber uns und Dritten“ zum 31. März 2009. Der Kläger meint, die Kündigung sei auch ohne Darlegung eines berechtigten Interesses gemäß § 573 BGB wirksam, da diese Vorschrift gemäß § 549 Abs. 3 BGB* nicht anwendbar sei; es handele sich um ein Studentenwohnheim.

Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. (mehr …)

Arbeitgeberleistungen als Erfüllung eines Mindestlohnanspruchs nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz

Ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis im Geltungsbereich eines nach § 5 TVG allgemeinverbindlichen oder in seiner Wirkung nach § 1 Abs. 3a AEntG 2007 (jetzt § 7 AEntG 2009) auf bisher nicht an ihn gebundene Arbeitsverhältnisse erstreckten Tarifvertrages liegt, hat gegen seinen Arbeitgeber einen Anspruch auf den dort geregelten Mindestlohn. Für die Frage, ob und inwieweit der Arbeitgeber diesen Anspruch durch anderweitige Leistungen erfüllt hat, kommt es darauf an, welchen Zweck die anderen Leistungen haben. Sie sind dann als funktional gleichwertig zum Mindestlohn anzusehen, wenn sie dazu dienen, die nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag vorausgesetzte „Normalleistung“ abzugelten, nicht jedoch, wenn sie über die vom Tarifvertrag vorausgesetzte Verpflichtung hinaus geleistete Arbeitsstunden oder unter demgegenüber besonderen Erschwernissen geleistete Arbeit vergüten sollen. (mehr …)

Keine arglistige Täuschung eines Anlegers durch den Vertrieb über die Höhe einer im Kaufpreis einer Immobilie enthaltenen Innenprovision

Der u. a. für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revisionen einer Bank in acht Parallelfällen entschieden, dass Anleger nicht arglistig über die Höhe der Vertriebsprovision getäuscht werden, wenn in dem Verkaufsprospekt angegeben wird, vom Gesamtaufwand entfielen für den Erwerb einer Immobilie 76,70% auf „Grundstück, Gebäude incl. Vertrieb und Marketing“ und darin eine Vertriebsprovision in Höhe von 18,24% eingepreist ist. Die den Erwerb finanzierende Bank traf deshalb insofern keine Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs.

Das Berufungsgericht hat die Zwangsvollstreckung aus notariellen Urkunden, die im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb errichtet wurden und Darlehensrückzahlungsansprüche der Bank sichern sollten, für unzulässig erklärt. Auf die Revisionen der Bank hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Berufungsurteile aufgehoben und die Verfahren an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Zur Begründung hat der Senat ausgeführt: (mehr …)

LG Dresden: 20 Prozent Aufschlag beim Schmerzensgeld bei Behauptung einer Mitschuld wider besseres Wissen im Verfahren

In einer Entscheidung vom 14.07.2010, Aktenzeichen 5 O 2318/09, hatte das Landgericht Dresden über die Folgen eines Verkehrsunfalles zu entscheiden, bei dem die Klägerin unverschuldet erheblich verletzt worden ist. Neben diversen anderen Schadenspositionen ging es im Wesentlichen um die Bemessung des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes.
Die Klägerin hatte ihrem Ehemann auf einem privaten Garagengelände einen Garagentorflügel aufgehalten, als sie von einem PKW von hinten angefahren und verletzt worden ist. Der Unfallhergang war unstreitig. Außergerichtlich hatte die beklagte Versicherung keine Einwände gegen eine Haftung des Unfallfahrers erhoben. Völlig unerwartet verteidigte sich die Versicherung dann unter anderem in der gerichtlichen Auseinandersetzung mit einer Mitschuld der Klägerin. Eine solche Mitschuld war indes nach Auffassung des Gerichts nicht im Entferntesten erkennbar. Da die Prozessbevollmächtigten der Beklagten auch auf Nachfrage des Gerichts nicht von ihrem Rechtsstandpunkt abwichen, erkannte das Gericht auf ein um 20 Prozent erhöhtes Schmerzensgeld. Begründet wurde diese Erhöhung mit einer Behauptung wider besseres Wissen sowie einer Verhöhnung der Leiden der Klägerin durch die Versicherung.
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Amtsgericht Aue: Einstandspflicht des Haftpflichtversicherers trotz Schweigen des Fahrzeugführers ; unzulässiges Bestreiten mit Nichtwissen

Das Amtsgericht Aue hat in einer Entscheidung vom 11.05.2012, Az. 1 C 835/10, dem Kläger vollen Schadensersatz zugesprochen, obwohl der beklagte Fahrer des anderen unfallbeteiligten Pkw weder im gerichtlichen Verfahren noch gegenüber seiner Haftpflichtversicherung irgendwelche Angaben zum Unfallereignis gemacht hat.
Der Kläger verlangte Ersatz seiner Schäden, die ihm durch einen klassischen Auffahrunfall entstanden waren. Er hatte mit seinem PKW verkehrsbedingt angehalten, als ein anderer PKW auffuhr. Dessen Fahrer hatte dem Kläger anschließend seine persönlichen Daten auf einen Zettel geschrieben. Da die gegnerische Haftpflichtversicherung sowohl außergerichtlich als auch im gerichtlichen Verfahren keinen Kontakt zu ihrem Versicherungsnehmer herstellen konnte, bestritt sie die Beteiligung ihres Versicherungsnehmers sowie auch die Umstände des Unfalls mit Nichtwissen.
Grundsätzlich muss der Geschädigte sämtliche Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches darlegen und beweisen. Ein Bestreiten des Gegners mit Nichtwissen ist nur zu Umständen zulässig, die nicht Gegenstand der eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Dies hätte eigentlich auf die beklagte Versicherung zugetroffen. Trotzdem hat das Amtsgericht ein Bestreiten mit Nichtwissen nicht zugelassen, weil die äußeren Umstände für eine Unfallverursachung durch den beklagten Fahrer sprachen. Die Versicherung hätte sich deshalb zur Unfallbeteiligung sowie zum Hergang erklären müssen. Folgerichtig sah das Gericht die Unfallschilderung des Klägers als bewiesen an. (mehr …)

BGH: Bei alkoholbedingter absoluter Fahruntüchtigkeit kann die Kasko-Versicherung Leistungen vollständig versagen

Mit Inkrafttreten des neuen Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zum 01.01.2008 und der damit verbundenen Abkehr vom sogenannten Alles-oder-Nichts-Prinzip war die Frage umstritten, ob auch bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles die Versicherung von ihrer Leistung vollständig frei werden kann. Der BGH hat nunmehr in einem Grundsatzurteil vom 22.06.2011, Az: IV ZR 225/10, (Berufungsinstanz beim OLG Dresden) entschieden, dass bei grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalles eine Kürzung auf null möglich sein kann. Es hat eine solche vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers jedoch von den Umständen des Einzelfalles abhängig gemacht und ausdrücklich auf Ausnahmefälle beschränkt.

Hintergrund der Entscheidung war ein Verkehrsunfall, bei welchem der Fahrer des verunfallten Fahrzeugs eine festgestellte Blutalkoholkonzentration von 2,7 Promille zum Zeitpunkt der Blutentnahme hatte. Er war also absolut fahruntüchtig. Unter Zurückrechnung auf den Unfallzeitpunkt war allerdings nicht auszuschließen, dass der Fahrer zum Unfallzeitpunkt schuldunfähig gewesen ist.
Nach dem Unfallereignis nahm dieser seine Vollkaskoversicherung wegen der Schäden an seinem PKW in Anspruch. Diese verweigerte unter Berufung auf die absolute Fahruntüchtigkeit des Klägers jegliche Regulierung.

Die Vorinstanzen, so auch das OLG Dresden, hatten der beklagten Versicherung Recht gegeben und die Klage abgewiesen. Der BGH hat das Urteil des OLG Dresden jedoch aufgehoben und die Angelegenheit zur erneuten Entscheidung zurückverweisen. Der für Versicherungsrecht zuständige IV. Senat bemängelte insbesondere, dass die Frage der Schuldfähigkeit des Klägers nicht hinreichend geprüft worden sei. Des Weiteren hat der BGH klargestellt, dass selbst bei nicht nachgewiesener Schuldunfähigkeit nicht zwingend auf eine grob fahrlässige Herbeiführung geschlossen werden könne. Zu guter Letzt hat der BGH dann den Meinungsstreit hinsichtlich der Kürzungsquoten im Sinne einer vermittelnden Auffassung entschieden. Es hat zwar grundsätzlich die Möglichkeit einer vollständigen Leistungsfreiheit anerkannt, dies jedoch an enge Voraussetzungen geknüpft. Der Einzelfall sei auch dann zu würdigen, wenn die Person des Versicherungsnehmers alkoholbedingt absolut fahruntüchtig gewesen sei. Auch in diesen Fällen verbiete sich eine quasi automatische Leistungskürzung auf null. Nach Zurückverweisung haben sich die Parteien dann schlussendlich vor dem OLG Dresden auf eine Haftungsquote von 50 Prozent verglichen. (mehr …)

LG Dresden: hälftige Mithaftung eines vorfahrtsberechtigten Motorrollerfahrers, der die zulässige Höchstgeschwindigkeit leicht (4 km/h) überschritten hat

Nach einer Entscheidung des Landgerichts Dresden vom 29.02.2012, Aktenzeichen 10 O 1815/09, musste sich ein bei einem Verkehrsunfall schwer verletzter und vorfahrtsberechtigter Motorrollerfahrer ein 50-prozentiges Mitverschulden insbesondere wegen einer geringfügigen Geschwindigkeitsüberschreitung (4 km/h) anrechnen lassen. Halter und Versicherung des anderen unfallbeteiligten Transporters haften zu der vorgenannten Quote auch nur aus anteiliger Betriebsgefahr, nicht jedoch aus Verschulden. Dementsprechend wurde die Klage gegen den Fahrer des Transporters mangels Verschuldens abgewiesen. Problematisch war im Übrigen der dem Kläger entstandene Haushaltsführungsschaden, weil dieser mit der Mutter seines Kindes in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebte. Das Gericht hat diesen Schaden indes grundsätzlich anerkannt. (mehr …)

Amtsgericht Dresden: Dresdner Verkehrsbetriebe haften für Sturz in Straßenbahn nach Vollbremsung

In seinem Urteil zum Aktenzeichen 105 C 1878/09 hat das Amtsgericht Dresden festgestellt, dass die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB) für die Folgen des Sturzes einer 57-jährigen Frau in einer Straßenbahn in vollem Umfang einzustehen haben.
Die klagende Frau war Fahrgast in einer Straßenbahn der DVB. Sie stand mit dem Rücken zur Fahrtrichtung, hielt sich mit einer Hand fest und wollte sich gerade nach ihrer am Boden stehenden Tasche bücken. In diesem Moment musste die Fahrerin der Straßenbahn unmittelbar nach Verlassen eines Haltestellenbereichs und noch beim Beschleunigen wegen eines vor ihr haltenden PKW eine Vollbremsung einleiten. Dabei kam die Klägerin zu Fall und zog sich erhebliche Verletzungen zu.
Unklar blieb, ob die Fahrerin der Straßenbahn falsch reagiert und damit den Sturz verursacht hat. Darauf kam es jedoch nach Ansicht des Gerichts nicht an. Es hat im Gegenteil eine vollständige verschuldensunabhängige Haftung der DVB gesehen. Auch eine Mitschuld der Klägerin verneinte das Gericht. Insbesondere könne ihr nicht vorgeworfen werden, dass diese sich nicht ordnungsgemäß festgehalten, sich gerade gebückt oder mit dem Rücken zur Fahrtrichtung gestanden hätte. Im Einzelnen hatte das Gericht ein Sachverständigengutachten zu der Frage eingeholt, ob die Klägerin den Sturz hätte vermeiden können. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass durch die völlig unerwartete Vollbremsung Zugkräfte aufgetreten seien, die ein Festhalten unmöglich gemacht hätten. Auch wenn die Fahrerin der Straßenbahn also kein nachweisliches Verschulden an dem Unfall traf, sprach das Gericht dennoch eine volle Haftung der DVB für sämtliche der Klägerin durch den Sturz entstandenen Schäden aus.

Pflicht die Polizei zur Unfallaufnahme zu rufen als Obliegenheit bei Mietfahrzeugen

mit einer Entscheidung vom 14.03.2012 hat der 12. Senat des Bundesgerichtshofs (Az.: XII ZR 44/10 ) festgestellt, dass eine Klausel in den AGB eines Autovermieters nach § 307 BGB unwirksam ist. Nach ihr sollte die gegen ein zusätzliches Entgelt vereinbarte Haftungsfreistellung gemäß den Regeln einer Kaskoversicherung entfallen, wenn der Mieter gegen die ebenfalls in den AGB vereinbarte Verpflichtung verstößt, bei jedem Verkehrsunfall die Polizei zur Unfallaufnahme hinzuzuziehen. (mehr …)